GALERIEKUNSTPERIPHERIE/N

Zeitreise in die Jahre „vor dem ZKM“
Ausstellung der Galerie „Kunstperipherie(n)“ widmet sich Künstlern in den IWKA-Hallen

Chris Gerbing - BNN 03.04.2021

Die späten 1980er und frühen 1990er Jahre waren jene Zeit, in der landauf, landab ehemalige Industrieareale in Kultureinrichtungen verwandelt wurden. Oft waren sie von Künstlern auf der Suche nach günstigem Atelierraum entdeckt worden. In diese Zeit fällt auch die Umnutzung des Areals zwischen Brauer-, Südend-, Lorenz- und Gartenstraße, das ab 1975 leergestanden hatte. 1986 zog Georg Schalla als erster der sogenannten „Hallenbaukünstler“ auf das Gelände der Industriewerke Karlsruhe Augsburg (IWKA). Er motivierte Künstlerkollegen, es ihm gleichzutun.

Ich wollte schon immer meine Sammlung
mit Fotografien der Zeit zeigen.
Peter Empl - Künstler

Nach dem Gemeinderatsbeschluss 1992, der dazu führte, dass das geplante ZKM keinen Neubau hinter dem Hauptbahnhof erhielt, sondern in den Hallenbau A einziehen sollte, setzte sich Schalla mit weiteren Künstlern dafür ein, wenigstens eine Halle für künstlerisch-kulturelle Experimente zu erhalten – ein Wunsch, dem nicht entsprochen wurde. Vor dem Abriss der meisten Hallen machten die Künstler noch mit großen Veranstaltungen auf deren architektonischen Qualitäten und die damit verbundenen Möglichkeiten aufmerksam und setzten damit einen fulminanten Schlusspunkt.

An diese Zeit erinnert nun eine Ausstellung in der Galerie „Kunstperipherie(n)“. Dort versetzen Fotografien von Peter Empl den Betrachter in diese Zeit „vor dem ZKM“. Sie zeigen, welche skulpturalen Qualitäten in den Relikten der IWKA vorhanden waren und geben einen Einblick in das Kunstschaffen der Hallenbau-Künstler. „Ich wollte eigentlich schon immer mal meine eigene Sammlung in Verbindung mit meinen Fotografien aus dieser Zeit zeigen“, so Peter Empl, der mit einem Großteil der Künstler (so sie nicht zwischenzeitlich gestorben sind) bis heute befreundet ist.

Porträts von Werner Rech, Susanne Messerschmidt, Guntram Prochaska und Bruno Kurz erzählen fast beiläufig davon, wie karg die Ausstattung in den immens großen Hallen gewesen ist. Sie erzählen aber auch von Prochaskas Performances in seiner „Drei-Ebenen-Kathedrale“, wie er „seine“ Halle am südlichen Ende des Areals gerne nannte, die er komplett bespielte. Und sie zeigen eindrücklich, wie Bruno Kurz mit wenigen farblichen Eingriffen den Raumeindruck nachhaltig veränderte. Vier großformatige Fotocollagen erzählen von dem finalen Kunstprojekt „99,9999 Prozent aus leerem Raum“, mit dem die intensive Zeit des Kunstschaffens im Südwesten der Innenstadt mit einer Synthese aus Malerei, Percussion und Tanz zu Ende ging.

Zwischen den Fotografien von Peter Empl hängen Arbeiten von Georg Schalla, Dieter Schramm, Bruno Kurz, Guntram Prochaska und Uta Spieß aus diesen Jahren. Sie spiegeln das, was in den ehemaligen IWKA-Hallen entstanden ist, und machen die Vielfältigkeit deutlich, die damals möglich war. Eine kleine Farbzeichnung von Bernadette Hoerder steht sinnbildlich für die kurze Zeit, die sie in einem kleinen Atelier auf dem großen Areal verbrachte, während andere Künstler, wie Reinhard Wonner oder Uwe Lindau nur über die Fotografien erfahrbar sind.

Die Ausstellung „Kunst in der IWKA (bevor das ZKM da war!)“ erinnert an eine Zeit, in der auf dem Gelände, auf dem einst Waffen und Munition in großer Stückzahl hergestellt wurden, der Aufbruch der Künstlerschaft geprobt wurde. Es ist eine Zeit, die einerseits noch ganz nah ist, und doch ewig weit weg scheint – insofern passen vor allem Peter Empls Schwarz-Weiß-Fotografien hervorragend, um diese Zeit zu illustrieren.

Service
Die Ausstellung kann derzeit donnerstags zwischen 18 und 20 Uhr sowie samstags zwischen 12 und 18 Uhr besucht werden nach Voranmeldung per Telefon oder SMS unter der Nummer (0174) 6418837 oder per E-Mail an kunstperipherien@online.de. Der Zugang ist möglich für Einzelpersonen oder Personen aus einem gemeinsamen Haushalt.